Auch der Homo sapiens veterinaris greift gerne zu Werkzeugen. Es ist eine seltsame Erscheinung der Gattung Mensch. Man nennt die Männchen Tierärzte und die Weibchen Tierärztin, auch wenn sie beide einen Doktortitel haben. Sie schlafen selten, manchmal nur wenige Stunden und essen eher unregelmässig. Tierärzte und Tierärztinnen unterscheiden sich jedoch deutlich, auch wenn sie der gleichen Arbeit nachgehen. Obwohl auch das Männchen den Tieren sehr nahe steht und an seiner Heilung interessiert ist, liebt er sehr große Tierarztpraxen mit viel technischem Gerät und diversen Untergebenen (des Männchens Ehefrau ist meistens seine Assistentin). In der Welt der Tiermedizin sind Geräte schon wichtig, da einige Diagnosen genau dieses technische Know How benötigen. Die Tierärztin (das Weibchen) hingegen leidet an einem chronischen Hilfesyndrom und ist eher eine Einzelgängerin, da ein Ehemann an 3, Stelle stehen würde, nach Kindern und Arbeit. Das halten die meisten Ehemänner nicht lange aus. Die Kínder sind schon sehr früh sehr selbstständig und lernen schnell, dass es keinen Weihnachtsmann gibt, weil Mamma gerade zu einem Notfall eilt. Auch sie essen unregelmässig, es sei denn, sie kochen selber.
Tierärztinnen haben eher kleine Tierarztpraxen, sind Einzelkämpfer und arbeiten gerne sonntags. Sie nehmen das Handy mit unter die Dusche und freuen sich über jeden sonntäglichen Notruf, auch wenn es sich nur um eine Terminvereinbarung handelt oder mal eben gerne ein Wurmmittel abgeholt werden möchte. Kurzum die Tierärztin möchte immer arbeiten. Das Sozialleben beschränkt sich daher auf ihre Kunden, die Tierbesitzer. Auch brauchen Tierärzte kein Geld! Eine Tierbesitzerin äußerte sich zu diesem Umstand; "Ich dachte, es handelt sich um einen sozialen Akt". Eine Hundebesitzerin hingegen schenkte mir einen Teller selbst gebackener Kekse, statt eine Rechnung von über 130 € zu bezahlen. Auch Tierbesitzer, die sich im Haus 50 Katzen oder Hunde halten, zahlen sehr ungern, allerdings kommen sie wiederum sehr gerne am Wochenende oder abends nach 22.00 in die Praxis.
Das Kinderkriegen an sich ist für das Weibchen, die Tierärztin, schwierig, so muss sie während der Wehen noch zu Ende operieren oder aber, auch hier ein interessantes Gespräch: Die Tierärztin am Telefon: Es tut mir leid, ich kann sie heute nicht empfangen, ich habe verfrühte Wehen und muss im Bett bleiben. Die Tierbesitzerin weinend: "Das können Sie mir nicht antun. Ich verlange, dass sie in die Praxis kommen und sich um meine Katze kümmern, das ist schliesslich wichtig."
Eine ganz besondere Spezies ist der deutsche Tierarzt in Spanien. Hierzu gehöre ich. Die Verbindung zu schaffen zwischen der deutschen und der spanischen Mentalität ist oft ein Spießrutenlauf. Auch wenn ich deutsche Tierärztin bin, muss ich mich den Gesetzen und der Kultur Spaniens unterwerfen. So entschied der neue Postbote z. B., mir keine Pakete mehr zu liefern, so mußte ich diese zu meinen Sprechzeiten im nächsten Dorf abholen. Die Verantwortlichen für Elektrizität und Wasser, stellen morgens diese gerne für ein paar Stunden ab oder plötzlich entscheidet die Transportfirma meines Labors, das Blut nicht mehr bei mir abzuholen. Im Sommer werden plötzlich keine Medikamente mehr geliefert etc.. Jahrelang war das Internet ein "Geschenk", wenn es dann mal funktionierte. Gott sei Dank, habe ich in den letzten Jahren diese Probleme lösen können, aber Spanien hat, sagen wir mal, eine andere Zeitrechnung bzw. Arbeitseinstellung. Viva España